Eigentlich hatte ich einen Plan:
Ich wollte dieses Mal nur einen Halbmarathon laufen. Eine schöne Strecke am Rhein und in Düsseldorfer Innenstadt, überschaubarer Aufwand, gut in meinen Alltag integrierbar. Nicht zu anstrengend, so dass ich mit Freude laufen kann.
Aber wie das Leben manchmal so spielt:
Ich war spät dran und der Halbmarathon war ausgebucht.
Ich habe dann kurz überlegt; Also – spontane Entscheidung – und habe ich mich dann für den vollen Düsseldorf Marathon angemeldet.
Mein sechster.
Aber eben: dieses Mal nach 5 Jahren Pause mit viel weniger Vorbereitung als bei meinen früheren Läufen. Ich vertraute auf meine Grundkondition von regelmäßigem langen Joggingtouren, auch im hügeligen Gelände. Aber mir fehlten definitiv mehrere lange Trainingsläufe über 30 Kilometer.
Ich wusste also schon am Start: Es wird hart und wohl kein Vergnügen.
Aber wie hart – das habe ich dann erst auf der Strecke erfahren.
Kilometer 33 – Der Einbruch
Bis Kilometer 30 lief es noch einigermaßen. Gute Stimmung an der Strecke. Ich war guter Dinge, aber auch in Sorge, was noch kommt.
und dann – etwa bei Kilometer 33 – kam der Einbruch.
Wer selbst schon mal einen Marathon gelaufen ist, kennt dieses Gefühl:
Plötzlich scheinen deine Beine zu schreien: "Es reicht! Stopp. Stehen bleiben. Füße hochlegen."
Dein Kopf sendet alle möglichen Gedanken:
- "Warum machst du das?"
- "Du hast doch nichts zu beweisen."
- "Geh doch einfach."
Und ja – ich habe ernsthaft überlegt, stehenzubleiben. Aufgeben kam mir nicht in den Sinn.
Die inneren Antreiber melden sich
Und in diesem Moment melden sich dann verschieden laut die inneren Antreiber:
- Sei stark.
- Streng dich an.
- Mach es perfekt.
Und noch etwas:
- Mach es allen recht. (Was denken die anderen, wenn du aufgibst?)
- Beeil dich. (Schaff endlich diese verdammte Strecke!)
Diese inneren Antreiber kennen wir alle.
Sie haben uns weit gebracht im Leben – aber sie können uns auch in Situationen bringen, in denen wir uns selbst überfordern.
In meinem Fall habe ich mich entschieden:
Ich GEHE weiter und laufe dann immer wieder in kurzen Etappen.
Nicht, weil ich musste.
Nicht, weil es "vernünftig" war. Vernünftig ist ein Marathon sowiso nicht, schon medizinisch betrachtet…
nein, ich wollte das Ding zu Ende bringen.
Mit allen Schmerzen, Zweifeln und Stolz. Ich habe mich gefreut, als meine Frau und Kinder mich kurz vor dem Ziel nochmal angefeuert haben: und ja meine Kinder durften sehen, dass ich fertig war und auch einige Stücke gegangen bin. Meine innere Stimme sagte: ins Ziel gehst Du nicht, da läufst du wieder. So habe ich mich dann die letzten Kilometer durchgekämpft. Schließlich kam ich nach 4 Stunden und 10 Minuten ins Ziel.
Für mich sogar noch eine der besten Zeiten. Hinter dem Ziel wartet dann Massage und alkoholfreies Bier zur Belohnung. Und meine innere Stimme meldete sich wieder: warum hast Du dir das angetan, und nun? Völlig platt, wofür das Ganze? Mir fiel das Plakat eines Zuschauers ein: statt Marathonlauf hilft auch eine Therapie; oder wie sagen würde eine gute Coaching Sitzung…
Die Parallele zum Berufsleben
Nun fragst du Dich womöglich, was hat mein Marathon-Erlebnis eigentlich mit dir und deinem Job zu tun?
Ich glaube, mehr, als du auf den ersten Blick denkst.
Denn auch im Berufsleben gibt es diese „Kilometer 33“-Momente:
- Ein Projekt, das am Anfang motivierend und machbar schien, wird auf der Zielgeraden zur zähen Belastungsprobe.
- Eine Karriereentscheidung, die logisch und richtig wirkte, fühlt sich nach einigen Jahren schwer und leer an.
- Eine Führungsrolle, auf die du lange hingearbeitet hast, entwickelt sich zu einer Position, die dir mehr Energie raubt, als sie dir gibt.
- Oder: Du merkst plötzlich, dass der Weg, den du eingeschlagen hast, eigentlich nie wirklich deiner war – sondern Erwartungen anderer erfüllt hat.
Und genau dann passiert etwas ganz Entscheidendes:
Deine inneren Antreiber übernehmen das Steuer.
Sie sorgen dafür, dass du trotz Erschöpfung, Frustration oder Zweifel weitermachst.
Nicht, weil es noch sinnvoll ist – sondern weil du innerlich getrieben wirst von Sätzen wie:
- „Ich darf nicht aufgeben.“
- „Ich muss perfekt sein.“
- „Ich muss es allen recht machen.“
- „Ich darf keine Schwäche zeigen.“
- „Ich muss schneller, besser, weiter.“
Dies hat dann zur Folge:
- Du arbeitest dich auf – oft über deine Grenzen hinaus.
- Du verdrängst deine Bedürfnisse nach Veränderung oder Pause.
- Du ignorierst erste Anzeichen von Erschöpfung oder innerer Kündigung.
- Du hältst an einem Job, einem Projekt, einem Karrierepfad fest – obwohl dein Inneres längst nach etwas anderem ruft.
Und irgendwann fühlst du dich genauso wie bei Kilometer 33:
- Körperlich ausgelaugt.
- Mental erschöpft.
- Emotional leer.
Doch im Gegensatz zum Marathon gibt es im Berufsleben nicht unbedingt ein Zielfoto oder eine Medaille für's Durchhalten.
Oft belohnt dich niemand – außer vielleicht dein eigener innerer Kritiker, der anerkennend nickt und flüstert: „Gut gemacht. Du hast durchgehalten.“
Aber innerlich weißt du längst: Das war nicht der richtige Kampf.
Warum es so wichtig ist, die eigenen Antreiber zu kennen
Wenn du deine inneren Antreiber nicht kennst, dann steuerst du dich unbewusst selbst.
Du läufst immer weiter, arbeitest immer härter – weil du nicht unterscheiden kannst zwischen
- gesunder Herausforderung und
- selbstschädigendem Durchhalten.
Wenn du sie kennst, kannst du bewusst entscheiden:
- Möchte ich mich hier wirklich weiter durchkämpfen?
- Oder ist es an der Zeit, bewusst loszulassen und einen neuen Weg einzuschlagen?
Dein Berufsleben ist doch schließlich kein Marathon auf Leben und Tod.
Du darfst Dein Berufsleben als ein Spielfeld sehen, auf dem du immer wieder neu entscheiden darfst:
- Welche Ziele willst du verfolgen?
- Welche Kämpfe lohnen sich für dich?
- Wo darfst du neue Wege gehen, statt alte um jeden Preis zu beenden?
Zusammengefasst:
Kilometer 33 im Job heißt nicht automatisch: „Augen zu und durch.“
Kilometer 33 heißt: innehalten, reflektieren – und dann bewusst entscheiden.
Mein Learning aus diesem Marathon – und aus vielen beruflichen "Kilometer 33"-Erfahrungen – ist:
Es geht nicht darum, immer durchzuhalten oder immer aufzugeben.
Es geht darum, bewusst zu entscheiden:
- Ist das ein Kampf, der sich lohnt?
- Oder ist es Zeit für einen Richtungswechsel?
Bewusst heißt:
- Ich kenne meine inneren Antreiber.
- Ich verstehe, warum ich gerade handeln möchte, wie ich handeln möchte.
- Ich entscheide frei, was für mich – in diesem Moment – richtig ist.
Manchmal ist der Stolz, weitergelaufen zu sein, das Geschenk.
Manchmal ist der Mut, eine Strecke abzubrechen, der viel größere Erfolg. Du darfst frei wählen.
Deine inneren Antreiber – Kennst du sie?
Wenn du weißt, welche inneren Antreiber in dir wirken, kannst du
viel bewusster steuern, wann du durchhalten und wann du loslassen willst.
Ich habe dazu einen kleinen kostenlosen Treibertest vorbereitet.
Mit wenigen Fragen kannst du herausfinden, welche Antreiber bei dir besonders stark sind.
Und damit bekommst du ein mächtiges Werkzeug an die Hand – für deine nächsten beruflichen (und privaten) "Kilometer 33".
Vielleicht stehst du gerade selbst bei Kilometer 33 – ob im Job oder im Leben.
Ich wünsche dir, dass du die Kraft findest, bewusst deinen Weg zu wählen.